Mittwoch, 20. Mai 2015

“Das ist Berlin, Baby!” - das eBook-Debüt von Alexandra Sonnental

2014 tauchte plötzlich eine Berliner Autorin namens Alexandra Sonnental auf der Bildfläche auf. Keiner weiß, wie sie aussieht, es sei denn man hat am 16. Mai ihre Buchpremiere in Berlin besucht und sie dort lesen gehört. Seit letztem Samstag ist ihr erster Lyrik- und Prosaband “Das ist Berlin, Baby!” (neobooks) bei Online-Buchhändlern wie Amazon, Weltbild, Thalia und Buecher.de erhältlich.

Alexandra hat ihre Gedichte und Kurzgeschichten ohne Lektor oder Verlag in Eigenregie veröffentlicht und das Cover einschließlich der Zeichnung selbst gestaltet. Ihre literarischen Werke sind im Berliner Künstlermilieu angesiedelt und beleuchten zwischenmenschliche Dramen, in denen immer Liebe, Erotik, Leidenschaft und Kunst die Hauptrolle spielen. In der ersten Geschichte “Die schwarze Johanna” nimmt sie uns mit auf eine Zeitreise ins Berlin des 19. Jahrhunderts. Da treten nicht nur “preußische Soldaten mit Pickelhaube” auf, sondern auch ein namenloser Dichter. Bei einem Sonntags-Spaziergang am Landwehrkanal trifft dieser Herr eine Malerin namens Johanna. Ungewöhnlich für die Zeit, hat die betörend schöne Frau mit den langen schwarzen Haaren Mann und Kind verlassen, um in Berlin ein Künstlerleben zu führen. Der Erzähler verfällt ihren weiblichen Reizen und stürzt sich in eine literarisch inspirierende Affäre. Für die Gedichte über seine lüsterne Muse zahlt er jedoch einen hohen Preis ...

Frau Sonnental schreibt ähnlich feurige Lyrik wie ihr fiktionaler Kollege. Die Verse reimen sich nicht und bedienen sich ausdrucksstarker Bilder. Hat man sich einige davon zu Gemüte geführt, fügt sich vor dem geistigen Auge das Portrait einer Amour fou zusammen. Die Leidenschaft, die Leiden schafft, steckt in jedem Wort, beschönigt wird dabei nichts. Beispiel: “Du nennst mich Miststück / Ich sehe den Misthaufen, auf dem du Drogenduft verströmst”.

Zweimal erzählt die Autorin aus Sicht eines männlichen Protagonisten. Nach dem Poeten aus dem alten Preußen kommt der Schürzenjäger Tommi Ficker ins Spiel. Man begegnet ihm in gleich drei Kurzgeschichten und findet ihn entweder liebenswert, abscheulich oder manchmal auch beides. Der ambitionierte Künstler benutzt Frauen, greift zur Flasche und härteren Drogen. In “Herr Bumsfallera” offenbart er sein persönliches Drama, welches ihn zu der Figur gemacht hat, die er ist. Alles beginnt mit den Worten: “Grüß Gott, ich heiße Tommi, Tommi Ficker. Ich habe einen kleinen Schwanz und mache trotzdem meinem Namen alle Ehre ...” Ob nur sein 9,2 Zentimeter “großes” bestes Stück an seiner Misere schuld ist, muss man nach der Lektüre am besten selbst entscheiden.

Alexandra Sonnental schreibt übrigens gerne kafkaesk: In einer alptraumhaften Wohnung wird eine Johanna aus der Gegenwart von zwei Schlägertypen bedroht und von einer mysteriösen Frau namens Hea zu lesbischen Handlungen genötigt. Ihr gelingt die Flucht, doch bis dahin prasseln eine Reihe von Skurrilitäten auf sie ein. Ähnlich surreal erscheint die Welt, in der Tommi Ficker den Satz “Das ist Berlin, Baby!” in den Raum wirft. Eine seiner Gespielinnen landet nach einer seelisch belastenden Begegnung mit ihm in einer Theater-Garderobe und letzten Endes als Mauerblümchen auf einer oberflächlichen Szene-Party.

Wann findet sich in all diesen zwischenmenschlichen Verwicklungen endlich einmal ein glückliches Paar, fragt man sich beim Lesen ein bisschen frustriert. “Das Leben könnte so einfach sein, aber ganz gewiss nicht in diesen Kurzgeschichten und Gedichten”, heißt es auf dem Waschzettel zum eBook. Diesen Satz unterschreibe ich nach der Lektüre von “Das ist Berlin, Baby!” und bin schon sehr neugierig auf den Roman, an dem Alexandra Sonnental zurzeit arbeitet.