Montag, 14. September 2015

Der abgedroschene Begriff Liebe

Foto: Pixabay
Wann hast Du das letzte Mal “Ich liebe dich” gesagt und es auch aus vollem Herzen so gemeint? Oder anders gefragt: Was hast Du wirklich gemeint, als Dir die berühmten drei Worte über die Lippen gekommen sind? Wolltest Du, dass Dein Liebster Dir einen Gefallen tut oder oder warst Du gerade dem sexuellen Höhepunkt nahe und meintest eigentlich “Baby, du fickst so geil!”?

Sorry für meine harte Ausdrucksweise! Wenn Dich meine Wortwahl stört, zwingt Dich keiner, diesen Artikel weiter zu lesen. Ich möchte einfach nur verdeutlichen, dass “Liebe” ein sehr abgedroschener Begriff ist und die meisten von uns gar nicht wissen, was die fünf aneinander gereihten Buchstaben bedeuten. Weißt Du es? Ich persönlich brauche etwas Zeit zum Nachdenken, wenn mir jemand die Pistole auf die Brust setzt und sagt: “Definiere das Wort 'Liebe'!”

Mir ist das letzten Monat passiert: Ich war bei einem mehrtägigen Seminar, bei dem das Thema Liebe und Beziehung im Mittelpunkt stand. Mein Lieblings-Coach Veit Lindau animierte uns TeilnehmerInnen häufig zu Gruppenarbeit und an einem Morgen sollten wir den Begriff “Liebe” auseinander nehmen. Während der Diskussion geriet jeder ins Straucheln. Trotz unterschiedlicher Assoziationen waren wir uns in einem Punkt alle einig: Die Liebe ist einfach da und verlangt nichts.

Ja, und jetzt lege ich die Karten ganz offen auf den Tisch: In all meinen bisherigen Beziehungen habe ich weder “Liebe” empfunden noch wahre Liebe empfangen. Die sogenannte Liebe war immer an bestimmte Erwartungen, Bedürfnisbefriedigung und Bedingungen gekettet. Wenn ich bekam, was ich wollte und was meinem Bild einer idealen Partnerschaft entsprach, schüttete mein Gehirn Dopamin, Serotonin und alle möglichen anderen Glückshormone aus. Das körpereigene Koks, nach dem man süchtig werden kann!

Bei meinen Partnern war es das gleiche Spiel: Sie betrachteten mich solange als die tollste Frau der Welt, wie ich in ihr Traumfrauen-Schema passte. Einer meiner Ex-Freunde warf “Ich liebe dich” bei jeder Gelegenheit in den Raum. Weil er aber grundsätzlich alles besser wusste als ich, reagierte er bereits beim Kochen und Backen sauer, wenn ich einen Handgriff etwas anders ausführte als er. Ein anderer Herr war auf jeden meiner männlichen Freunde manisch eifersüchtig – egal, zu welchem Geschlecht sie sich hingezogen fühlten. Auch er bombardierte mich bei unseren Zusammentreffen oft mit der berühmtesten Floskel der Menschheit, die in seiner Landessprache “Minä rakastan sinua” heißt. Das war übrigens Finnisch …

Nach all diesen Erfahrungen (und ich bin dankbar, sie gemacht zu haben!) schwant mir allmählich, was sich hinter dem Begriff “Liebe” verbirgt: Die wahre Liebe ist ein tiefes Gefühl von Zuneigung, Verbundenheit, Respekt und Akzeptanz, das weder Bedingungen, Eifersucht noch Aufopferung und Selbstzerstörung im Namen der 'Liebe' kennt.

So, jetzt bin ich aber ganz neugierig auf Eure Ideen zu diesem schwierigen Thema!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen