Montag, 29. Dezember 2014

Liebeschaos zu Weihnachten

knipseline / www.pixelio.de
Weihnachten ist vorbei. Die einen saßen alleine unter dem Tannenbaum (oder alleine mit einer Familie, der sie nichts zu sagen hatten), die anderen mit ihrem Partner (oder einer Familie, in der Harmonie regiert). Ich bin schon ein Weilchen auf diesem Planeten unterwegs und kenne beide Varianten. Liebeschaos wie aus einem Roman mischt sich eher selten unter die Weihnachtsgeschenke. Wenn doch, dann kommt alles ganz dick und vor allen Dingen unerwartet.

Man stelle sich einen Clubbesuch mit Freunden vor. Kurz vor Weihnachten einfach mal ausgelassen abtanzen, bevor man der Großstadt für ein paar Tage den Rücken kehrt. Man hat keine Erwartungen an den Abend, außer sich zu bewegen und dabei Spaß zu haben. Plötzlich treffen sich auf der Tanzfläche zwei Augenpaare, zuerst schüchtern und unsicher, weil man nicht weiß, was gerade in dem anderen vorgeht. Irgendwann entpuppt sich das menschliche Balz-Gehabe als Erfolg, man tanzt zusammen und ach, ein Wunder geschieht: Man lächelt sich an, schaut sich tief in die Augen und fängt an sich zu küssen. Der Beginn einer Romanze mit Nebenwirkung Glück, könnte man meinen. Die Sache hat nur einen Haken: Der sympathische Herr, mit dem man so innig getanzt hat, ist nur auf Urlaub in der Stadt und wohnt sonst eigentlich in Weißrussland. Was tut Frau? Als die Freunde um halb fünf in der Frühe nach Hause gehen wollen, schließt man sich besser an, ohne Handynummern preisgegeben zu haben. Weitere Kontaktaufnahmen könnten nämlich schmerzvoll enden. Wenn man eine oder zwei Nächte über die Sache geschlafen hat, wird sich auch die Enttäuschung legen, denkt man.

Genauso ist es: Man fährt zur Familie und bekommt einen Weihnachtsanruf vom Ex-Freund, der sich emotional nicht lösen kann. Am liebsten würde er neu beginnen, zusammen ziehen und die Hochzeitsglocken läuten lassen. Aller Wahrscheinlichkeit nach durchlebt er wieder eine seiner manischen Phasen. Schlägt am nächsten oder übernächsten Tag die Depression zu, hasst er sich selbst und den Rest der Welt (einschließlich seiner Herzdame, die ihn längst aus ihrem Leben ausgeklammert hat). Es gab da nämlich nach der Trennung diesen mit sich unzufriedenen Künstlertypen. Auch er meldet sich zu Weihnachten. Er wünscht per WhatsApp leckere Weihnachten und verkündet im Messenger sein Weihnachtsmenü sowie die Lust, sich anschließend alte Filme anzusehen … Währenddessen lese ich einen Beziehungsratgeber, mit dem ein Familienmitglied versucht, meinem Liebesglück auf die Sprünge zu helfen.

Nach üppigem Weihnachtsessen, selbst gebackenen Plätzchen von Muttern und Faulenzen auf dem Sofa ist man nach Weihnachten in bester Stimmung, wieder das Tanzbein zu schwingen. Im gleichen Club wie eine Woche zuvor. Man beobachtet das Treiben auf der Tanzfläche und entdeckt niemanden, der ins persönliche Beuteschema passt. Eigentlich möchte man nicht allzu lange bleiben, nur tanzen, bis man müde genug ist, um wie ein schlaffer Sack ins Bett zu fallen. Der Zufall (oder das Schicksal?) will es aber anders. Wenig später spielt sich alles so ab wie vor 168 Stunden – mit dem Unterschied, dass man sich diesmal etwas intensiver küsst und Nummern austauscht. Der Urlauber aus dem fernen Minsk behauptet, seine Tanzpartnerin eine Woche lang sehnsüchtig in anderen Berliner Clubs gesucht zu haben. Am nächsten Tag treffen sie sich in etwas privaterem Ambiente … Und das Ende vom Lied? Da der Abschied eine feste Tatsache ist, wird man sich damit arrangieren müssen und wieder zu “business as usual” übergehen. Man kann es sich auch ersparen, Amors Schusskünste zu hinterfragen. Er trifft sowieso meist die Falschen, weil es mit dem Zielen noch hapert. Auf jeden Fall hinterlässt solch ein Liebeschaos zu Weihnachten schöne Erinnerungen – kurz, schön und ohne Gefahr, im Alltag zu verkümmern.

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